Herr und Knecht - Lew N. Tolstoi - ebook

Herr und Knecht ebook

Lew N. Tolstoi

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Opis

Mit seiner bildgewaltigen Meistererzählung „Herr und Knecht” (1895) schuf der große russische Dichter und Humanist Leo Tolstoi eine zeitlose Parabel auf die Macht der Mitmenschlichkeit. Der Kaufmann Brechunow, dessen Leben bis dahin dem Zusammenraffen von Reichtümern gewidmet war, gerät mit seinem Knecht Nikita auf dem Pferdeschlitten in einen furchtbaren Schneesturm. Wassilij ist ungeduldig und möchte die Stadt schnell erreichen, um dort vor anderen Interessenten ein Stück Wald zu kaufen. Doch im Tosen des Unwetters verirren sie sich heillos – und angesichts des nahen Todes beginnen die Standesunterschiede zwischen den beiden ungleichen Gefährten auf wundersame Weise zu verschwinden. Tolstoi erzählt hier in meisterlichem Realismus von der Wandlung eines Menschen.

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Lew N. Tolstoi

Herr und Knecht

Warschau 2019

Inhalt

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

I

Es war in den siebziger Jahren, an einem 7. Dezember, also am Tage nach St. Nikolaus. Im Kirchspiel war Feiertag, und der Herbergswirt und Kaufmann zweiter Gilde Wasili Andrejitsch Brechunow hatte das Dorf noch nicht verlassen können; denn zuerst hatte er in der Kirche anwesend sein müssen, da er Kirchenältester war, und dann hatte er nicht umhin gekonnt, in seinem Hause seine Verwandten und Bekannten zu empfangen und zu bewirten. Aber nun waren die letzten Gäste abgefahren, und Wasili Andrejitsch machte sich bereit, sofort zu einem benachbarten Gutsbesitzer zu fahren, um diesem einen kleinen Wald abzukaufen, um den er schon lange gehandelt hatte. Wasili Andrejitsch hatte es mit dieser Fahrt eilig, damit ihm nicht städtische Händler dieses vorteilhafte Geschäft wegschnappten. Der junge Gutsbesitzer forderte für den Wald nur aus dem Grunde zehntausend Rubel, weil Wasili Andrejitsch ihm siebentausend dafür geboten hatte. Diese siebentausend Rubel bildeten aber nur den dritten Teil des wirklichen Wertes des Waldes. Wasili Andrejitsch hätte vielleicht noch länger um den Preis gefeilscht, da der Wald in seinem Bezirke lag und zwischen ihm und den andern ländlichen Händlern des Kreises schon seit langer Zeit eine Abmachung bestand, nach welcher ein Händler in dem Bezirke eines andern den Preis nicht in die Höhe treiben durfte; aber Wasili Andrejitsch hatte erfahren, daß Holzhändler aus der Gouvernementsstadt vorhätten, nach Gorjatschkino zu fahren und um den Wald zu handeln, und so hatte er denn beschlossen, sofort selbst hinzufahren und die Sache mit dem Gutsbesitzer zum Abschluß zu bringen. Sowie ihn daher der Feiertag loskommen ließ, nahm er aus dem Kasten siebenhundert Rubel, die ihm gehörten, tat noch zweitausenddreihundert Rubel Kirchengelder, die er in Verwahrung hatte, dazu, so daß dreitausend Rubel herauskamen, zählte die ganze Summe sorgsam durch, steckte sie in seine Brieftasche und traf Anstalten zur Abfahrt.

Der Knecht Nikita, der einzige von Wasili Andrejitschs Leuten, der an diesem Tage nicht betrunken war, ging hinaus, um anzuspannen. Der Grund, weswegen Nikita an diesem Tage nicht betrunken war, war der: er war ein arger Trinker; aber nach der Fastnacht, wo er die Jacke vom Leibe und seine Lederstiefel vertrunken hatte, hatte er das Trinken verschworen und nun schon seit mehr als einem Monat nicht mehr getrunken; auch jetzt hatte er nicht getrunken, trotz der starken Verführung, da überall an diesen beiden ersten Festtagen eine tüchtige Menge Branntwein konsumiert wurde.

Nikita war ein Bauer aus einem Nachbardorfe und jetzt fünfzig Jahre alt; er war, wie man von ihm sagte, kein rechter Hauswirt und hatte den größten Teil seines Lebens nicht in seinem eigenen Hause, sondern bei andern Leuten als Knecht verbracht. Überall schätzte man ihn wegen seines Fleißes, seiner Geschicklichkeit und Arbeitskraft, ganz besonders aber wegen seines guten, freundlichen Wesens; aber nirgends blieb er lange im Dienst, weil er etwa zweimal im Jahre, mitunter auch häufiger, ins Trinken hineingeriet und dann nicht nur alles vertrank, was er auf dem Leibe hatte, sondern auch händelsüchtig und gewalttätig wurde. Auch Wasili Andrejitsch hatte ihn schon ein paarmal fortgejagt, ihn aber immer wiedergenommen, da Nikitas Ehrlichkeit, seine Liebe zu den Tieren und vor allem seine Anspruchslosigkeit bei ihm stark ins Gewicht fielen. Wasili Andrejitsch zahlte ihm nicht achtzig Rubel, was der angemessene Lohn für einen solchen Knecht gewesen wäre, sondern vierzig Rubel, und diese verabfolgte er ihm ohne genaue Abrechnung, in kleinen Posten, und großenteils nicht in barem Gelde, sondern in Gestalt von hoch berechneten Waren aus seinem Laden.

Nikitas Frau, Marfa, die früher einmal ein hübsches, flinkes Weib gewesen war, wirtschaftete zu Hause mit einem nahezu erwachsenen Sohne und zwei Töchtern und forderte ihren Mann gar nicht dazu auf, zu Hause zu wohnen, erstens weil sie schon seit zwanzig Jahren mit einem aus einem fremden Dorfe stammenden Böttcher zusammenlebte, der bei ihnen im Hause wohnte, und zweitens weil sie zwar mit ihrem Manne ganz nach ihrem Belieben umsprang, wenn er nüchtern war, aber eine Heidenangst vor ihm hatte, sobald er zu trinken anfing. Einmal, als Nikita sich zu Hause betrunken hatte, hatte er, wahrscheinlich um sich an seiner Frau für die Knechtung zu rächen, die er in nüchternem Zustande erlitt, ihre Truhe erbrochen, ihre besten Kleider hervorgeholt, das Beil genommen und alle ihre Röcke und Umhänge auf dem Hauklotz in kleine Stückchen zerhackt. Der gesamte Lohn, welchen Nikita verdiente, wurde seiner Frau ausgehändigt, und Nikita erhob dagegen keinen Widerspruch. So war Marfa auch diesmal zwei Tage vor dem Feste zu Wasili Andrejitsch gekommen, hatte sich von ihm Weizenmehl, Tee, Zucker und ein Achtel Branntwein, zusammen für ungefähr drei Rubel, sowie noch fünf Rubel in bar geben lassen und sich dafür wie für eine besondere Gnade bedankt, während doch Nikita, selbst bei niedrigster Berechnung, von Wasili Andrejitsch zwanzig Rubel zu fordern hatte.

„Ich habe doch mit dir keinen förmlichen Kontrakt gemacht,“ pflegte Wasili Andrejitsch zu Nikita zu sagen. „Wenn du etwas brauchst, so laß es dir von mir geben; du wirst es schon abarbeiten. Bei mir ist es nicht wie bei anderen Leuten, wo das Gesinde auf seinen Lohn bis zum Termin warten muß und dann peinlich gerechnet wird und Strafabzüge gemacht werden. Zwischen uns beiden geht es anständig zu: du dienst mir, und ich lasse dich nicht im Stiche.“ Und wenn Wasili Andrejitsch in dieser Weise redete, so war er der aufrichtigen Meinung, daß er Nikitas Wohltäter sei; denn was er sagte, überzeugte ihn selbst, und alle Leute, Nikita allen voran, bestärkten ihn, um sich seine Gunst zu erhalten, durch ihre Zustimmung in dieser Überzeugung.

„Das sehe ich ja auch ein, Wasili Andrejitsch, und ich meine, ich diene Ihnen so eifrig, wie wenn Sie mein leiblicher Vater wären. Ich sehe es sehr wohl ein,“ antwortete Nikita, der sehr wohl einsah, daß Wasili Andrejitsch ihn betrog, sich aber sagte, daß er keinen Versuch machen dürfe, seine Rechnung mit ihm klarzustellen, sondern, solange er keine andere Stelle habe, dableiben und nehmen müsse, was man ihm gebe.

Jetzt also, wo Nikita von dem Herrn den Befehl erhalten hatte anzuspannen, begab er sich vergnügt und willig wie immer mit seinem munteren, leichten, etwas watschelnden Gange nach dem Schuppen, nahm dort den schweren, aus Riemen verfertigten, mit einer Troddel geschmückten Zaum vom Nagel und ging, mit der Gebißkette klirrend, nach dem verschlossenen Stall, in welchem für sich allein das Pferd stand, das Wasili Andrejitsch anzuspannen befohlen hatte.

„Na, du langweilst dich wohl, Dummerchen?“ sagte Nikita als Antwort auf das leise begrüßende Gewieher, mit welchem ihn der einzige Bewohner dieses Stalles, ein mittelgroßer, wohlgebauter Hengst, mit etwas hängendem Hinterteil, dunkelbraun mit gelblichen Flecken am Maul, an den Füßen und in den Weichen, empfing. „Na na! Nicht zu eilig, ich will dir erst zu saufen geben, Dummerchen!“ redete er zu dem Pferde, ganz so, wie man mit solchen Wesen redet, die die Worte verstehen, und nachdem er mit dem Schoße seines Pelzes den wohlgenährten, fetten, in der Mitte ausgekehlten, mit Staub bedeckten Rücken des Hengstes abgewischt hatte, legte er ihm den Zaum um den hübschen, jugendlichen Kopf, wobei er ihm die Ohren und den Haarschopf freimachte, warf das Halfter herunter und führte das Tier zum Tränken.

Als der Braungelbe vorsichtig aus dem stark voll Mist liegenden Stalle herausgeschritten war, begann er zu spielen und schlug aus, indem er sich stellte, als wolle er mit dem Hinterfuße dem Knechte, der trabend mit ihm zum Ziehbrunnen lief, einen Schlag versetzen.

„Ei, wie übermütig, du Schelm!“ sagte Nikita zu ihm; er wußte recht wohl, daß der Braungelbe vorsichtig genug war, mit dem Hinterfuße nur so zu schlagen, daß er ihm den kurzen Schafpelz berührte, aber ihn nicht wirklich an den Körper traf. An diesem Kunststück des Hengstes hatte Nikita immer eine ganz besondere Freude.

Als das Pferd sich an dem kalten Wasser satt getrunken hatte, stand es ein Weilchen still, holte tief Atem und bewegte dabei die nassen, kräftigen Lippen, von deren Haarborsten durchsichtige Tropfen in den Trog zurückfielen; dann prustete es.

„Wenn du nicht mehr magst, brauchst du nicht; wir werden uns das merken; aber daß du nicht nachher mehr verlangst,“ sagte Nikita, der in vollständigem Ernst und mit aller Gründlichkeit dem Braungelben sein Verfahren auseinandersetzte. Dann lief er wieder zum Schuppen, indem er am Zügel das muntere, junge Pferd mit sich zog, das mit den Hinterbeinen ausschlug und so kräftig schnaubte, daß der ganze Hof davon erscholl.

Von den andern Knechten war niemand da; Nikita erblickte nur einen nicht zum Hause gehörigen Menschen, den Mann der Köchin, der für die Feiertage zu ihr auf Besuch gekommen war.

„Geh doch mal hin, lieber Mann,“ sagte Nikita zu ihm, „und frage den Herrn, welchen Schlitten ich anspannen soll, den großen, breiten oder den kleinen.“

Der Mann der Köchin ging ins Haus und kehrte bald mit der Nachricht zurück, der Herr habe befohlen, den kleinen Schlitten anzuspannen. Nikita hatte unterdessen dem Pferde schon das Kumt angelegt, das mit kleinen Nägeln beschlagene Rückenpolster festgebunden und ging nun, in der einen Hand das leichte, mit Ölfarbe gestrichene Krummholz tragend, mit der andern das Pferd führend, zu den beiden Schlitten, die unter dem Schuppen standen. „Wenn er den kleinen will, mir ist es recht,“ sagte er, führte das kluge Pferd in die Gabeldeichsel, das die ganze Zeit über tat, als ob es ihn beißen wolle, und begann mit Hilfe des Mannes der Köchin anzuspannen.

Als schon alles beinah fertig war und nur noch übrig blieb die Leinen an den Zügeln zu befestigen, schickte Nikita den Mann der Köchin in den Schuppen hinein, um Stroh, und nach dem Speicher, um einen leeren groben Sack zu holen.

„So! Alles richtig! Na na, tu nur nicht so üppig!“ sagte Nikita und stopfte das frisch ausgedroschene Haferstroh, das der Mann der Köchin gebracht hatte, in den Schlitten hinein. „Und nun gib mir da die Packleinwand her, so als Überzug, und obendrauf kommt der Sack. Siehst du wohl: so, und so; nun wird es sich gut darauf sitzen,“ sagte er und führte dabei das aus, was er sagte, und stopfte den Sack über dem Stroh auf allen Seiten um den Sitz herum fest.

„So, nun danke ich dir auch schön, lieber Freund,“ sagte Nikita zu dem Manne der Köchin. „Zu zweien fleckt es doch mit aller Arbeit besser.“ Und nachdem er die ledernen, am verbundenen Ende mit einem Ringe versehenen Lenkriemen in Ordnung gebracht hatte, setzte sich Nikita auf den Schlittenrand und lenkte das nach Bewegung verlangende brave Pferd über den mit gefrorenem Miste bedeckten Hof zum Tore.

„Onkel Nikita, Onkelchen, ach Onkelchen!“ rief ihm ein siebenjähriger Knabe nach, der geräuschvoll die Tür aufklinkte und eilig aus dem Hausflur auf den Hof herausgelaufen kam; er trug ein schwarzes Pelzröckchen, neue weiße Filzstiefel und eine warme Mütze. „Setz mich hinein!“ bat er mit seinem hohen Stimmchen und knöpfte sich im Gehen sein Pelzröckchen zu.

„Na, dann komm flink her, mein Täubchen,“ sagte Nikita, hielt an, setzte das freudestrahlende Söhnchen seines Herrn in den Schlitten und fuhr auf die Straße hinaus.

Es war zwischen zwei und drei Uhr nachmittags, kalt (zehn Grad), trübe und windig. Auf dem Hofe kam einem die Luft ruhig vor; aber auf der Straße blies ein scharfer Wind: von dem Dache des danebenstehenden Schuppens stiebte der Schnee herunter, und an der Ecke beim Badehause wirbelte er nur so. Kaum war Nikita herausgefahren und hatte das Pferd zur Haustür herumgewendet, als auch schon Wasili Andrejitsch, eine Zigarette im Munde, den mit Tuch überzogenen Schafpelz tief unten mit einem breiten Gurte fest zusammengeschnallt, aus dem Flur auf die Stufen heraustrat, wo der festgetretene Schnee unter seinen Filzstiefeln laut knirschte. Dort blieb er stehen und bog zu beiden Seiten seines rotwangigen, mit Ausnahme des Schnurrbartes rasierten Gesichtes die Ecken des Kragens seines Schafpelzes mit der Pelzseite nach innen, damit das Pelzwerk nicht vom Atem feucht werde.

„Sieh mal an; so ein Racker; sitzt schon drin!“ sagte er, als er sein Söhnchen im Schlitten erblickte, und zeigte beim Lächeln seine weißen Zähne. Wasili Andrejitsch war durch den Branntwein, den er mit seinen Gästen getrunken hatte, in angeregte Stimmung geraten und daher in noch höherem Grade als sonst mit allem, was ihm gehörte, und mit allem, was er tat, zufrieden. Wasili Andrejitschs blasse, magere, schwangere Frau, den Kopf und die Schultern mit einem wollenen Tuche umwickelt, so daß nur ihre Augen zu sehen waren, gab ihm zu seiner Abfahrt das Geleite und stand hinter ihm im Hausflur.

„Wirklich, du solltest Nikita mitnehmen,“ sagte sie und trat schüchtern aus der Tür heraus. Wasili Andrejitsch antwortete nichts und spuckte nur aus. „Du hast eine große Geldsumme bei dir,“ fuhr die Frau in demselben kläglichen Tone fort. „Und wenn nur nicht auch noch ein Unwetter kommt. Wirklich, du solltest es tun.“

„Ach was, kenne ich etwa den Weg nicht, so daß ich durchaus einen Begleiter nötig hätte?“ erwiderte Wasili Andrejitsch; er sprach mit jener besonderen, gekünstelten Anstrengung der Lippen, mit der er gewöhnlich mit Verkäufern und Käufern redete; augenscheinlich fand er an seiner eigenen Redeweise großes Gefallen.

„Aber wirklich, du solltest ihn mitnehmen. Ich bitte dich um Gottes willen!“ sagte die Frau noch einmal und mummte sich auf der einen Seite noch dichter in ihr Tuch ein.

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