Sea of Starlight. Episode 3: Bring me Home - Alina A.E. Maurer - ebook

Sea of Starlight. Episode 3: Bring me Home ebook

Alina A. E. Maurer

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Opis

»Laurie hatte mein Splitterherz aufleuchten lassen, weil er mir seins geschenkt hatte. Wir waren so viel bunter und echter als früher – und doch drohten wir genauso zu zerspringen.«  

Verzweifelt kämpft Tilda gegen die Angst an, erneut verlassen zu werden. Auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt muss sie sich fragen, ob sie bereit ist, Laurie wieder zu vertrauen und mehr von ihrem Leben zu wollen. Doch auch Laurie steht vor einer schwierigen Entscheidung: zurück nach Chicago oder bei Tilda bleiben. Die ungewisse Zukunft droht die beiden zu zerreißen. Oder ist eine gemeinsame Zukunft doch möglich und sind die Antworten, nach denen sie suchen, näher als gedacht?  

 

»Bring Me Home« ist das Ende der Geschichte von Tilda und Laurie, aber gleichzeitig auch ein Neuanfang.  

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Liczba stron: 152

Rok wydania: 2024

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Spis treści
Impressum
Widmung
Playlist
Karte
Prolog
Kapitel 1. Brauner Zwerg, weder Planet noch Stern, oder wie ich kosmisch versagte
Kapitel 2. Plejaden, die sieben Töchter des Atlas, oder warum ich meine Schwester brauchte
Kapitel 3. Milkomeda, unsere zukünftige Galaxie, oder wie wir zusammenfanden
Kapitel 4. Weißer Zwerg, ein Stern auf dem Weg zur Supernova, oder wie ich verglühte
Kapitel 5. Theia, ein hypothetischer Protoplanet im Erdkern, oder wie wir in unser Inneres sahen
Kapitel 6. Wilkinson Microwave Anisotropy Probe, eine Raumsonde auf Erforschungskurs, oder wie wir auf dunkle Materie stießen
Kapitel 7. Neutronenstern, der Überrest einer Supernova, oder wie ich kollabierte
Kapitel 8. Pulsare, schnell rotierende Neutronensterne, oder wie wir aufflackerten
Kapitel 9. Halleyscher Komet, ein wiederkehrender Gesteinsbrocken, oder wie sich alles wiederholte
Kapitel 10. JUICE, die Mission zu den Jupitermonden, oder wie wir Leben suchten
Kapitel 11. Lagrange-Punkte, wo Gravitation im Gleichgewicht ist, oder wie wir unsere Schwere verloren
Kapitel 12. Rigel, der heller strahlt als die Sonne, oder wie wir leuchteten
Kapitel 13. Urknall, der Beginn des Universums, oder unser Anfang vom Ende
Danksagung
Über die Autorin
Weitere Bücher der Autorin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Originalausgabe © 2024 by Rubino Books Verlag, Imprint von Legimi [email protected] Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
Lektorat: Ineke Reichel
Umschlaggestaltung: Jincheng Hu
ISBN 978-83-67280-74-7
E-Book erstellt von eLitera s.c.

Für alle, die das Gefühl haben, zu leise zu sein.

Die richtigen Menschen hören selbst dein Flüstern.

A Sea of Starlight

Offizielle Playlist zum Buch

Smile FlowerSEVENTEEN

augustTaylor Swift

I miss you, I’m sorryGracie Abrams

I Don’t Know You AnymoreEric Nam

Forget MeLewis Capaldi

Right NowOne Direction

LightsBTS

the 1Taylor Swift

LabyrinthTaylor Swift

you were there for meHenry Moodie

sorryThe Rose

heartbeatsHanniou

끝나지 않을 이야기Stray Kids

Break My Heart AgainFINNEAS

what love feels likeAlan Fiore

If You Love HerForest Blakk

Best Years5 Seconds of Summer

Not That Far To GoTommy Ashby

You Are In Love (Taylor’s Version)Taylor Swift

StarlightWestlife

A Sea of Starlight-Playlist zu finden auf Spotify

Prolog

Regen prasselte gegen die Fensterscheibe, als mir das Herz gebrochen wurde.

»Das hat keinen Sinn mit uns, Tilda«, sagte er. Die Telefonleitung knackte, genauso wie meine Rippen. Als würden sie kurz davor sein zu brechen. Dabei war das hier doch Laurie, mit dem ich sprach, bei dem alles immer leicht und kribbelig war, aber nie – schmerzhaft. Diese tonlose Stimme klang nicht nach ihm. Sie hatte mich seit Beginn unseres Telefonats irritiert, bis er leise »Wir müssen reden« und jetzt das hier gesagt hatte.

Blinzelnd sah ich auf mein Handydisplay hinab. Doch, da stand sein Name. Inklusive Herz dahinter. Wo meines gerade war, wusste ich nicht. Schlug es seit seinem Satz überhaupt noch?

»Was?«, brachte ich nur hervor. Der Wind draußen heulte auf und im Telefon rauschte es, in mir hingegen war alles still.

»Es reicht nicht«, sagte Laurie. Er holte tief Luft, die Leitung verwandelte es in einen erstickten Ton. Kurz hörte ich nichts, dann raschelte es bei ihm. »Mein Leben hier ist so ... viel.« Ich konnte bildlich vor mir sehen, wie er sich dabei verzweifelt die Haare raufte. Nur die Geste, sonst nichts. Vielleicht noch sein Zimmer, wie es letzte Woche ausgesehen hatte, als wir einen Videoanruf gemacht hatten. Ich wusste nicht einmal, was er heute trug. Die Ringe seines Grandpas? Seinen neuen Highschool-Hoodie?

Ich hatte keine Ahnung.

Und das war das Problem.

»Du kannst mir nicht sagen, dass die Fernbeziehung einfach ist«, fuhr er fort. Er sagte etwas von Chicago und verschiedenen Bundesstaaten, von der Zeitdifferenz und anderen Leben.

»Aber wir sehen uns doch bald«, flüsterte ich. »An Weihnachten. Nächstes Jahr sind wir beide in Chicago und ...«

»Tilda«, unterbrach er mich. »Das reicht nicht.«

Nicht mehr nur es, sondern das. Als ob nicht einfach nur irgendetwas Vages nicht ausreichte, sondern ganz konkret das hier. Wir.

Ich hörte einen gequälten Laut, der von mir kommen musste. Denn als Laurie weitersprach, klang er nur noch müde: »Ich habe das Gefühl, hier nicht wirklich ankommen zu können, wenn wir noch zusammen sind. Du ...« Der Sturm schien die Verbindung kurz zu unterbrechen, denn ich hörte ihn nicht mehr. Dann, eine gefühlte Ewigkeit später: »Du hältst mich auf.«

Jetzt brachen meine Rippen. Nicht einmal zusammenkrümmen konnte ich mich, ich bekam einfach keine Luft mehr, weil mein Brustkorb in sich zusammenfiel.

»Okay.«

Die Fensterläden klapperten laut und der Regen peitschte weiterhin unerbittlich gegen die Fensterscheibe. Laurie und ich schwiegen, während meine Welt unterging.

»Also war’s das?«, fragte ich irgendwann und wollte, dass er Nein sagte. Haha, war nur ein Scherz, natürlich mache ich gerade nicht Schluss. Aber so war Laurie nicht. Wenn er etwas entschied, dann blieb er dabei.

»Es ist besser so.« Er klang nicht wie Laurie. Matter, farbloser, viel weiter weg. Nicht nur Chicago-weit-weg, sondern Universum-weit-weg. Als würde ich ihn überhaupt nicht kennen, dabei hatte ich die ganze Zeit gewusst, dass er ohne mich besser dran war. Meine Angst hatte seine Worte kommen sehen und doch saß ich nun flach atmend auf meinem Bett und versuchte, an dieser Erkenntnis nicht zu ersticken.

»Okay«, sagte ich nur.

Was er zum Abschied sagte, nahm ich nicht mehr wahr. Da waren nur meine Stille und eine unendliche Leere in mir. Bis nicht mehr seine Stimme in mein Ohr drang, sondern das endgültige Tuten der Telefonleitung.

Er hatte aufgelegt.

Plötzlich kam der Schmerz, der alles zerriss. Gleißend hell schlug er in mich ein und brachte die Tränen mit sich. Stumm und heiß quollen sie aus meinen Augen hervor.

Ich hatte immer geglaubt, dass gebrochene Herzen nur ein Sinnbild wären. Aber als das Tuten verstummte und mir bewusst wurde, dass es vorbei war – einfach so, das mit Laurie und mir, dass es kein Wir mehr gab, sondern nur noch mich, die nicht reichte, die ihn aufhielt –, da splitterte mein Herz so schmerzhaft, dass ich dachte, ich würde daran sterben.

Mit einem Keuchen drückte ich die Hand gegen meine Brust, als ob ich damit jenes quälende Stechen zurückhalten könnte. Keine Ahnung, wie lange ich so dasaß, ich hörte weder den Sturm vor dem Fenster noch meine Zimmertür, die sich öffnete. Ich nahm nur wahr, wie sich vertraute Arme um mich legten, und ich gegen eine Schulter fiel, die mich so oft schon getröstet hatte. Mum hielt mich einfach nur fest, während ich haltlos weinte, weil es sonst nichts gab, was ich tun konnte.

Irgendwann kamen keine Tränen mehr nach, aber der Schmerz war immer noch überall. In meiner Lunge, meinem Herz, meinen Adern, in jedem einzelnen Molekül.

»Es wird nicht für immer wehtun«, sagte Mum, als ich sie danach fragte. Wir lagen unter meiner Bettdecke und sie fuhr mir beruhigend über die Haare. Ich blinzelte, fühlte jeden einzelnen Herzsplitter und dachte mir nur, dass ich das aber wollte.

Es sollte für immer wehtun.

Denn wenn es nicht mehr wehtat, hatte Laurie mich angelogen. Dann hatte unsere Liebe nie bis in die Unendlichkeit gereicht. Sondern nur bis hierhin, bis zu einem beliebigen Oktobertag, an dem er mich am Telefon abservierte.

Und das wollte ich nicht glauben.

Kapitel 1

Brauner Zwerg, weder Planet noch Stern, oder wie ich kosmisch versagte

Laurie Whistler küsste, wie er malte: mit allem, was er hatte. Er hielt mich fest, eine Hand dabei in meinem Nacken, sein Mund warm und fest auf meinem. Ich bog mich ihm entgegen, denn auch wenn kein Papier mehr zwischen uns passte, brauchte ich ihn noch näher. Ich teilte seine Lippen und glitt mit meiner Zunge in seinen Mund. Meine Knie wurden weich und als ob er es merkte, legte er seine andere Hand um meine Hüfte und hielt mich.

Ich dachte, ich würde verglühen. Wie ein Stern immer heißer brennen, bis nichts mehr von mir übrigblieb. Es gab nur noch ihn. Laurie, der mich so innig küsste, dass es fast schon an Verzweiflung grenzte. Laurie, der mit dem Daumen über meine Wange strich und zwischen zwei Küssen meinen Namen murmelte. Laurie, der seine Hand über meinen Rücken wandern ließ, bis er den schmalen Streifen Haut zwischen meiner Jeans und dem Häkeltop erreichte. Die Hitze ballte sich in meinem Bauch und explodierte von dort durch meinen Körper, von meinem Unterleib bis in meine Zehenspitzen.

Alles in mir wollte nur noch. Ich wollte meine Hand in seinen Haaren vergraben, die noch genauso weich waren wie in meiner Erinnerung. Ich wollte seinen Kiefer berühren, mit dem Finger über die kleine Stelle fahren, wo er sich vergessen hatte zu rasieren. Ich wollte mich näher an ihn pressen und mit ihm verschmelzen. Ich wollte alles, was ich mir die letzten Wochen verboten hatte zu wollen und zu fühlen. Ich wollte alles, was ich vier Jahre lang vermisst hatte, das Herzflimmern und die Gedankenleere und wie richtig sich alles anfühlte, weil er es war. Weil es schon immer Laurie war. Ich wollte ihn küssen, bis zum Ende des Sommers, bis –

Ich riss mich von ihm los und stolperte zurück. Meine rasenden Gedanken waren mit einem Schlag zurück. »Ich, wir ... Das ...«, setzte ich an. Ich brach ab, weil die Worte zu schnell in meinem Kopf herumwirbelten und ich kein einziges zu fassen bekam. Ich wusste nur, dass das, was sich eben noch so richtig angefühlt hatte, falsch, falsch, falsch war. Es hatte sich nichts geändert. Er würde gehen. Er würde mich verlassen, wie er mich schon einmal verlassen hatte, und kein Versprechen der Welt konnte daran etwas ändern.

»Ich hätte das nicht tun sollen«, stieß ich atemlos hervor. Ich konnte ihn nicht anschauen. Ich sah nur seine geballten Fäuste aus dem Augenwinkel, während mein Blick hektisch über den Sand, die Wellen und die untergehende Sonne zuckte. Schließlich blieb er doch an Laurie hängen – an dem Schmerz in seinen dunklen Augen und den zerzausten Strähnen, durch die ich eben noch gefahren war. Alles in mir schrie Heimat und ich hasste es. Ich hatte mir vorgenommen, mir mein Herz nicht noch einmal brechen zu lassen. Vor allem nicht von ihm.

Die Arme um mich geschlungen, machte ich auf dem Absatz kehrt und lief in Richtung Wald zurück. Was hatte ich mir auch dabei gedacht, ihn zu küssen? Das war die wahrscheinlich dümmste Idee, die ich je gehabt hatte. Wir hatten gerade ausgemacht, dass wir Freunde waren. Selbst nach unseren Wahrheiten, hatte es sich mit ihm viel zu wackelig angefühlt. Und nun hatte seine Angst aus San Francisco sich bestätigt: Wir hatten uns nur etwas vorgemacht. Nein, ich hatte uns etwas vorgemacht. Ich und mein dummes Verräterherz, das nicht ein Mal akzeptieren konnte, was das Beste für es war.

»Tilda«, hörte ich ihn hinter mir rufen, aber ich hielt nicht an. Tränen brannten in meinen Augen und ich wollte nicht, dass er mich weinen sah. Immerhin war ich selbst daran schuld. Egal ob er mich zurückgeküsst hatte oder nicht. Wir hatten kurz davor noch von seinem Ex geredet, verdammt noch mal!

»Tilda, warte.«

Ich hatte den Waldpfad erreicht. Ich wollte nur noch nach Hause unter meine Bettdecke, um meine Gedanken zu sortieren. Vielleicht auch um mich selbst dafür zu hassen, alles zwischen uns kaputt gemacht zu haben.

»Tilda.« Eine Hand legte sich sanft auf meine Schulter.

Ich wirbelte herum. »Was?« Wenn er die Tränen nicht in meinen Augen sah, hörte er sie spätestens in meiner Stimme.

»Können wir darüber reden?«, fragte er leise. Fast schon flehend. Alles in seinem Gesicht war falsch: die Furche zwischen seinen Brauen, die nach unten gezogenen Mundwinkel, die geteilten Lippen. »Bitte?«

»Ich hätte dich nicht küssen sollen«, sagte ich mit kratziger Stimme. Ich brauchte meine Stimme zurück, wollte es klar und deutlich sagen, wie mein Kopf es mir doch zuschrie: Fehler, Fehler, Fehler!

»Das hast du bereits gesagt«, presste er hervor. Er holte zittrig Luft. »Ich wollte dich aber küssen.«

»Sag das nicht.« Weil die erste Träne lief, weil ich es nicht hören wollte. »Es ändert nichts.«

»Für mich ändert das ganz schön viel. Nur noch die Wahrheit, schon vergessen?«

Ich zuckte zurück. Dieses dämliche betrunkene Versprechen, das schon in San Francisco nichts zu suchen gehabt hatte. »Es ändert nichts, weil du sowieso gehst.«

Ich wollte ihm die Worte entgegenschleudern. Patzig und laut, wie sie sich in meinem Wutschmerz anfühlten. Aber sie kamen zwischen zwei Schluchzern brüchig daher.

Laurie presste die Lippen aufeinander.

»Du gehst, Ende des Sommers«, fuhr ich fort. Meine Lippen schmeckten salzig. »Du gehst und ich bleibe hier, wie damals. Und wie damals kannst du mir das Blaue vom Himmel versprechen und die Unendlichkeit der Welt – am Ende wirst du mich verlassen.« Jetzt kam die Wut endlich in meiner Stimme an und ich sprach fester weiter: »Was soll diesmal anders sein?«

Ich zeigte zwischen uns hin und her und meinte nicht nur die Zukunft, sondern auch jetzt. Hier, unter dem Blätterdach der Kiefern, weil ich mein Herz splittern hörte in seinem Schweigen.

»Ich weiß doch selbst noch nicht, was ich machen will«, sagte er langsam. »Nach meinem Abschluss, meine ich. Ich ...«

»Aber es gibt hier nichts für dich«, unterbrach ich ihn. »Jo zieht zu deinen Eltern nach Chicago. Selbst wenn du wissen solltest, als was du arbeiten oder die nächsten Jahre machen willst, wo würdest du hier überhaupt wohnen? Ich meine, ist es das, was du wirklich willst? Kleinstadtleben einem Mädchen zuliebe, das du früher einmal geliebt hast?«

Jetzt war er es, der zurückzuckte. »Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich meine ganze Zukunft durchgeplant habe.«

»Und du kannst nicht von mir erwarten, dass ich dir mein Herz schenke, nur damit du es wieder brichst!«

Etwas flackerte in seinen Augen auf. Wenn ich nicht so weinen würde, hätte ich vielleicht gewusst, was es war. »Also brichst du es dir lieber selbst?«

Ich schüttelte vehement den Kopf. »Nein, ich beschütze es. Und darum hätte ich dich nie küssen sollen.«

Er vergrub seine Hand in den Haaren. Es musste wehtun, so fest zog er an ihnen.

»Wir haben funktioniert als Freunde. Ich hätte das nicht kaputt machen dürfen«, krächzte ich. »Wir sollten das Ganze einfach vergessen ...«

»Als ob ich jemals einfach nur mit dir befreundet war!« Fassungslos sah er mich an.

»Laurie, bitte.« Ich wischte mir die Tränen von der Wange und wich seinem Blick aus, der sich in mein Gesicht bohrte. »Hör auf.«

Seine Lippen bildeten einen dünnen Strich. Er sagte nichts mehr.

Den Weg zurück zum Parkplatz legten wir in unerträglichem Schweigen zurück.

Ich hasste es, dass wir uns immer dann stritten, wenn wir anschließend noch Zeit miteinander verbringen mussten. Die Rückfahrt vom Campen war schon eine Qual gewesen, aber das hier war die Hölle. Nicht nur, weil ich jedes Wort unseres Streits sezierte, während ich aus dem Fenster starrte. Sondern auch, weil jede Berührung und jeder Hauch auf meiner Haut nachhallte. Ich wollte die Erinnerung an Lauries Finger und Lippen unter heißem Wasser in der Dusche abschrubben, bis nichts mehr von ihr übrig war. Bis mein Körper vergessen hatte, wie es war, von Laurie geküsst und gehalten zu werden. Das Schlimmste war, dass ich nicht selbst fuhr. Ich hatte nur meine Gedanken und die Welt da draußen, die während der Stunde Fahrt zurück nach Lunar Creek langsam in Dunkelheit versank.

Ich grub meine Fingernägel so fest in meine Handinnenfläche, dass sie Abdrücke hinterließen. Laurie fuhr vom Highway ab und die mittlerweile leere Main Street hinunter.

»Du kannst mich beim Laden rauslassen«, sagte ich knapp.

»Ich fahre dich nach Hause. Ist mir nachts lieber.« Er setzte den Blinker und bog von der Main Street ab. Die ganze Zeit hatte ich mich zurückhalten können, nun zuckte mein Blick doch zu Laurie. Er schaltete nach der Kurve wieder einen Gang hoch, eine Hand fest am Lenkrad. Ich hatte noch nie verstanden, wieso Jos Mann unbedingt einen manuellen Wagen hatte fahren wollen. Mich machte Autofahren auch so schon nervös genug mit allem, was es zu beachten gab, da wollte ich nicht noch übers Schalten nachdenken müssen.

»Danke«, sagte ich reichlich verspätet.

Wir verließen das Wohngebiet und Laurie schaltete auf dem Waldweg einen Gang herunter.

Ich glaubte, an den ungesagten Worten zwischen uns zu ersticken und konnte es kaum erwarten, endlich aus dem Wagen auszusteigen. Ich sah unser Holzhaus im Scheinwerferlicht des BMW. In den Fenstern brannte noch Licht, Dad saß bestimmt vor dem Fernseher und schaute irgendein Footballspiel und Kopernikus lag zusammengerollt in seinem Körbchen.

Normal.

Unverändert.

»Also ignorieren wir uns jetzt wieder?«, fragte Laurie leise, als er hinter Dads Pick-up hielt.

Meine Hand lag bereits auf dem Türgriff. Ich verharrte, weil ich ihm eine Antwort schuldig war. Er wollte über den Kuss sprechen und ich hatte ihn um Stille gebeten. Es war nicht fair, das war mir klar. Aber ich wusste nicht, was ich ihm sagen sollte, ohne nicht alles noch schlimmer zu machen.

Am Ende zuckte ich nur hilflos mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ist wohl schwer, zu dem zurückzukehren, wie es vorher war.«

»Ich will nicht zu dem zurück, wie es vorher war.« Ich hob den Kopf und musterte sein Gesicht. Laurie beobachtete den Jadering an seinem Daumen, den er hin und her drehte. »Ich will wissen, wie es jetzt zwischen uns sein kann.«

Unweigerlich musste ich an Dads Worte denken: »Wenn du über die Vergangenheit und Zukunft nachdenkst, geht das Wichtigste verloren: das Jetzt. Du kannst nur darüber bestimmen, wie du jetzt mit ihm umgehen möchtest.« Als wäre das so einfach. Als wäre es so einfach, all die Angst und den Schmerz hinter mir zu lassen. Die Sorge zu ignorieren, die immer da war: reichte Herzkribbeln bei meinem Feigheitskopf?

»Und wenn es wieder nicht reicht?«, wisperte ich.

»Das kannst du nicht wissen.«

»Ich kann mir das Herz nicht noch einmal von dir brechen lassen, Laurie.« Die Tränen waren zurück. Sie kitzelten hinter meinen Lidern und ich hielt sie mit reiner Willenskraft zurück. Ich würde nicht schon wieder weinen.