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KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN
Band 406
Textanalyse und Interpretation zu
Frank Wedekind
FRÜHLINGS ERWACHEN
Von Thomas Möbius
Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen
Zitierte Ausgabe: Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Eine Kindertragödie. Husum/Nordsee: Hamburger Lesehefte Verlag 2011 (= Hamburger Leseheft Nr. 173, Heftbearbeitung: Elke und Uwe Lehmann). Zitatverweise sind mit HL gekennzeichnet. Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Eine Kindertragödie. Stuttgart: Reclam, durchgesehene Ausgabe 2000 (= Reclams Universal-Bibliothek Nr. 7951). Zitatverweise sind mit R gekennzeichnet.
Über den Autor dieser Erläuterung: Thomas Möbius, geboren 1963 in Heidelberg, Studium der Germanistik und ev. Theologie, Promotion und Habilitation, Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, Lehraufträge an der Universität Heidelberg, 1991–2001 Lehrer an einem Gymnasium in Mannheim, mehrjährige Auslandsaufenthalte in Mailand, Rom und Singapur, seit 2001 an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, Vertretungsprofessuren in Freiburg, Osnabrück und Greifswald, seit 2012 Professor für Fachdidaktik Deutsch an der RWTH Aachen, Autor von Lernhilfen und Königs Erläuterungen des Bange Verlags.
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Die öffentliche Zugänglichmachung eines für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werkes ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig.
1. Auflage 2013
ISBN 978-3-8044-6959-4
© 2001, 2013 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelbild: Constanze Wächter, Wilson G. Ochsenknecht und Leon Pfannenmüller im TV-Film Frühlings Erwachen, BRD 2009 © Cinetext/Metodi Popow
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INHALT
1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht
2. Frank Wedekind: Leben und Werk
2.1 Biografie
2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Industrialisierung, Gründerzeit, Wilhelminisches Zeitalter
Die Institution Schule im Kaiserreich
2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken
3. Textanalyse und -Interpretation
3.1 Entstehung und Quellen
Literarische Bezugnahmen
3.2 Inhaltsangabe
1. Akt: Autoritäre Erziehung und fehlende sexuelle Aufklärung in Schule und Elternhaus
2. Akt: Verzweifelt über den schulischen Leistungsdruck begeht Moritz Selbstmord
3. Akt: Melchior wird der Schule verwiesen und Wendla stirbt bei einer Abtreibung
3.3 Aufbau
Die Grundstruktur der Handlung
Die Dramenform
Der Aufbau
3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken
Hauptfiguren
Moritz Stiefel
Melchior Gabor
Wendla Bergmann
Frau Bergmann
Frau Gabor, Herr Gabor
Episodenfiguren
Gymnasialprofessoren
Pastor Kahlbauch
Der vermummte Herr
Ilse
Hänschen Rilow
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen
3.6 Stil und Sprache
3.7 Interpretationsansätze
4. Rezeptionsgeschichte
Rezeption auf der Bühne
Rezeption: Die Schwächen des Dramas
Rezeption: Die Stärken des Dramas
Neuere Interpretationen
5. Materialien
6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen
Aufgabe 1 *
Aufgabe 2 *
Aufgabe 3 ***
Aufgabe 4 ***
Literatur
Zitierte Ausgaben
Weitere Quellentexte
Sekundärliteratur
Damit sich jeder Leser in unserem Band rasch zurechtfindet und das für ihn Interessante gleich entdeckt, hier eine Übersicht.
Im 2. Kapitel beschreiben wir Wedekinds Leben und stellen den zeitgeschichtlichen Hintergrund dar:
Wedekind lebte von 1864–1918 in verschiedenen Städten und Ländern, u. a. in Hannover, Berlin, München, Aarau und Lausanne.
Die Zeit war geistesgeschichtlich geprägt durch die Jahrhundertwende mit ihren z. T. ganz unterschiedlichen philosophisch-ästhetischen Strömungen, politisch herrschte das absolutistische System des wilhelminischen Kaiserreichs vor.
Frühlings Erwachen wurde 1891 fertiggestellt, durfte aber erst 1906 aufgeführt werden; im Drama lassen sich zahlreiche Parallelen zu anderen Werken Wedekinds nachweisen.
Im 3. Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.
Frühlings Erwachen – Entstehung und Quellen:
Die das Drama bestimmenden Themen „Schule“ und „Sexualität“ gehören zu den Themen, die im Werk Wedekinds immer wieder auftauchen, biografischer Anknüpfungspunkt war wohl der Selbstmord eines Mitschülers im Jahre 1891. Das Drama enthält Anspielungen auf das Alte Testament, Goethes Faust, Shakespeares Othello und Büchners Woyzeck.
Inhalt:
Das Drama Frühlings Erwachen lässt sich als eine Art „Adoleszenzdrama“ bezeichnen, das typische Probleme dieser Lebensphase thematisiert: Moritz wird nicht versetzt und begeht aus diesem Grund Selbstmord, Wendlas Suche nach ihrer eigenen Sexualität mündet in eine ungewollte Schwangerschaft und in ihren Tod beim Versuch der Abtreibung. Melchior wird in ein Erziehungsheim gebracht, wo er weitere Spielarten von Sexualität erlebt; das Eingreifen eines „vermummten Herrn“ am Ende des Stücks ermöglicht sein Weiterleben und öffnet damit den Raum für eine Konfliktlösung.
Chronologie und Schauplätze:
Der Handlungszeitraum erstreckt sich vom 5. Mai 1892 bis kurz nach dem 27. Oktober 1892.
Personen:
Die Hauptpersonen sind
Moritz Stiefel:
mutlos-labil, von Minderwertigkeitsgefühlen beherrscht
schwacher Schüler
Melchior Gabor:
wacher, kritischer Verstand
sensibel und selbstkritisch
Wendla Bergmann:
Spannung zwischen Freiheitswillen und Bindung an Mutter
Neigung zu Masochismus
Frau Bergmann:
körper- und sexualfeindliche Grundeinstellung
nicht lernfähig
Frau Gabor:
liberale, menschenfreundliche Grundeinstellung
Dazu kommen Episodenfiguren wie Gymnasialprofessoren, Pastor Kahlbauch, der vermummte Herr, Ilse und Hänschen Rilow.
Wir stellen diese Hauptfiguren und die Nebenfiguren ausführlich vor.
Stil und Sprache:
Stil und Sprache werden durch die Alltagssprache und den Verzicht auf eine poetische Kunstsprache geprägt. Die Wortwahl ist durch zahlreiche Anspielungen auf andere literarische Werke geprägt.
Drei Interpretationsansätze bieten sich an:
Frühlings Erwachen ist
ein Werk, das bürgerliche Moralvorstellungen kritisiert (gesellschaftskritisch),
ein Werk, das innerseelische Vorgänge auf die Bühne bringt (psychologisch),
ein typisches Jugendstildrama (philosophisch-poetologisch).
Frank Wedekind 1864–1918 © Richter/Cinetext
JAHR
ORT
EREIGNIS
ALTER
1864
Hannover
Geburt als Benjamin Franklin (Frank) Wedekind am 24. 07. als zweites von sechs Kindern der Eheleute Dr. med. Friedrich Wilhelm Wedekind (1816–1888) und Emilie Wedekind, geb. Kammerer (1840–1916)
1872
Lenzburg/ Schweiz
Erwerb des Schlosses Lenzburg im Schweizer Kanton Aargau durch den Vater, Übersiedlung in die Schweiz Erste philosophische und literarische Versuche
8
1883
Aarau/ Schweiz
Abitur am kantonalen Gymnasium
19
1884
Lausanne München
Sommersemester: Immatrikulation in Germanistik und Romanistik Wintersemester: Auf Wunsch des Vaters Beginn eines Jura-Studiums
20
1886
Kempttal b. Zürich
Bruch mit dem Vater wegen Abbruch des Jura-Studiums Ab November: Leiter des Reklame- und Pressebüros des Firma Maggi
22
1887
Zürich
April: Auflösung des Arbeitsvertrages bei der Firma Maggi Beiträge für die Neue Zürcher Zeitung Kontakt mit dem Kreis „Jüngstdeutscher Schriftsteller“ Drama Elins Erweckung
23
1888
Lenzburg/ Schweiz England/ Südfrankreich
Tod des Vaters Sekretär des Zirkus „Herzog“ Reise durch England und Südfrankreich zusammen mit dem Maler, Clown und Tenor Willy Morgensstern (Rudinoff)Kontakt zu Naturalisten
24
1889
Berlin/ München
Versuch, sich in Berlin dauerhaft niederzulassen, scheitert an seiner amerikanischen Staatsbürgerschaft. Kontakte zum Friedrichshagener Kreis in Berlin und zum Naturalismus-Kreis in München
25
1890
München
Beginn der Arbeit anFrühlings Erwachen
26
1891
München/ Paris
Ostern: Abschluss vonFrühlings Erwachen Beitritt zu literarischen Zirkeln wie „Das junge Deutschland“ und „Gesellschaft für modernes Leben“ Intensive Beschäftigung mit der Philosophie Friedrich Nietzsches und Arthur Schopenhauers
26
1895
München
Drama Der Erdgeist (1. Teil von Die Büchse der Pandora)
30
1896
München
Regelmäßige Veröffentlichungen imSimplicissimus
31
1897
München
Geburt des Sohnes Friedrich Strindberg Wedekind aus der Verbindung mit Frida StrindbergDie Fürstin Russalka (Prosa- und Lyriksammlung)Der Kammersänger
32
1898
Leipzig
Sekretär, Schauspieler und Regisseur des Ibsen-Theaters Uraufführung des ersten Dramas Der ErdgeistFlucht nach Zürich und Paris wegen eines im Simplicissimus veröffentlichten satirischen Gedichtes auf Wilhelm II.
33
1899
Burg Königstein/ Sächsische Schweiz
Rückkehr nach Deutschland, Untersuchungshaft und Festungshaft (6 Monate, bis 03. 02. 1900) Drama Der Marquis von Keith
35
1900
München
Schauspielunterricht bei Fritz Basil Beginn der Arbeit als freier Dramatiker und Lyriker mit regelmäßigen Publikationen
36
1901
München
Geburt des Sohnes Frank Zellner-Wedekind aus der Verbindung mit Hildegard Zellner Gründungsmitglied des Münchner Kabaretts „Die Elf Scharfrichter“
37
1904
Berlin
Die Büchse der Pandora wird von der Zensur beschlagnahmt (Vorwurf: Verbreitung unzüchtigen Schriftguts)
40
1906
Berlin
Feb./März: Freispruch vom Vorwurf der Verbreitung unzüchtiger Schriften, Restauflage der Pandora wird vernichtet 01. 05.: Heirat von Tilly Newes (1886–1970) und Frank Wedekind20. 11.: Uraufführung vonFrühlings Erwachen(unter starken Zensurauflagen)
42
1907
Berlin
Drama Die Zensur
43
1908
Berlin/ München
Übersiedlung nach München Drama Die junge Welt
44
1911
München
Geburt der Tochter Kadidja
47
1912
Berlin
Aufhebung des Aufführungsverbotes fürFrühlings Erwachen[1]
48
1914
München
Erste von vier Blinddarm- bzw. Bruchoperationen (bis 1918)
50
1915
Deutschland
Nach Kriegsbeginn werden zahlreiche Werke Wedekinds von der Zensur für unerwünscht erklärt.
51
1916
Lenzburg/ Schweiz
Tod der Mutter
52
1918
München
Tod am 09. 03. infolge von Herzschwäche und Lungenentzündung nach einer Bruchoperation am 02. 03.
53
ZUSAMMENFASSUNG
Wichtig um 1900:
autoritäres wilhelminisches Kaiserreich bestimmt alle gesellschaftlichen Lebensbereiche;
konservative bürgerliche Moralvorstellung dominiert Familienstrukturen;
Wirtschaftsaufschwung, erste Sozialgesetzgebung unter Reichskanzler Bismarck;
imperialistische Kolonialpolitik, Aufrüstung, Konflikte mit Nachbarländern führen zum Ersten Weltkrieg.
Wedekinds Lebensspanne umfasst recht genau die Dauer des deutschen Kaiserreiches. In der folgenden Übersicht werden die wichtigsten historischen Daten von 1870–1918 daher in Verbindung mit dem Lebensalter des Dichters aufgeführt.
JAHR
HISTORISCHES EREIGNIS
LEBENSALTER WEDEKINDS
1866
Bildung des Norddeutschen Bundes unter Führung Preußens
2
1866– 1873
wirtschaftlicher Aufschwung („Gründerzeit“)
2–9
1870/ 1871
Deutsch-Französischer Krieg
6/7
1871
Proklamation Wilhelms I. als deutscher Kaiser
7
1871
„Kanzelparagraph“ verbietet politische Einmischung des Klerus.
7
1872– 1900
Vereinheitlichung des Rechts und der Wirtschaft auf liberaler Grundlage: Strafgesetzbuch (1872), Maß-, Gewichts- und Münzgesetze (1873), einheitliche Rechtspflege (bis 1879), Bürgerliches Gesetzbuch (1900)
8–36
1872
Schulaufsichtsgesetz (staatliche statt kirchliche Aufsicht)
8
1873
Wirtschaftskrise nach Wiener Börsenkrach
9
1874
Zivilehe-Gesetz: Eheschließung nur vor staatlichen Institutionen gültig
10
1878
Sozialistengesetz: Verbot der Parteipresse und der Parteiorganisation
14
1879
Bismarck’sches Schutzzollsystem
15
1882
Beginn imperialistischer Kolonialpolitik
18
1883
Sozialgesetzgebung: Kranken- (1883), Unfall- und Altersversicherung (1884), Invalidenversicherung (1889)
19
1888
Wilhelm II. als deutscher Kaiser
24
1890
Entlassung Bismarcks Aufhebung der Sozialistengesetze Aufstieg Deutschlands zur stärksten europäischen Industrienation
26 (Frühlings Erwachen)
1891– 1894
Zollsenkungspolitik
27–30
1893
Heeresverstärkung
29
1898
Flottenbauprogramm
34
1908
Belastung des deutsch-britischen Verhältnisses durch die „Daily-Telegraph-Affäre“
44
1913
Heeresverstärkung auf 780 000 Mann
49
1914
Julikrise nach Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo
50
1914– 1918
Erster Weltkrieg
50–53 (Tod)
Industrialisierung, Gründerzeit, Wilhelminisches Zeitalter
Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts bringt für Europa und insbesondere für Deutschland in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht große Veränderungen mit sich. Seit 1850 führt die zunehmende Industrialisierung zu hohen Wachstumsraten in der Montanindustrie; der technische und wissenschaftliche Fortschritt hat Rationalisierungen und Produktivitätssteigerungen zur Folge. Der Arbeitsmarkt erlebt eine Umstrukturierung: Immer mehr Menschen drängen vom Land in die Städte, das industrielle Proletariat bildet sich neben dem wirtschaftlich mächtigen, aber unpolitischen Großbürgertum heraus.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) und der Proklamation des Kaiserreiches wird Wilhelm I. deutscher Kaiser. Die erfolgreichen Hegemonialkriege gegen Dänemark, Österreich und Frankreich bescheren dem Deutschen Reich von 1866–1873 einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung; diese Phase wird auch als „Gründerzeit“ bezeichnet. Die durch Überproduktion ausgelöste Wirtschaftskrise im Herbst 1873 leitet eine Periode verlangsamten Wachstums ein, nach Überwindung der Krise ist eine Tendenz zur Konzentration der Industrie festzustellen.
1888 kommt Wilhelm II. an die Macht, der Bismarck 1890 wegen politischer Differenzen entlässt. Von 1890 an betreibt Wilhelm nach außen eine imperialistische Machtpolitik, die mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 ihren Höhepunkt findet. Nach innen herrscht er als autoritärer Monarch. Hans-Ulrich Wehler erkennt in der wilhelminischen Gesellschaft eine Struktur, die von autoritären Leitbildern und Verhaltensweisen geprägt ist; die autoritären Strukturen in den Familien wirken als „Verstärker“ der gesellschaftlichen Leitbilder.[2]
Die Institution Schule im Kaiserreich
Die Umwälzungen im industriellen Bereich und das autoritäre politische Systems bleiben nicht ohne Folge für den Bereich der Schule: In der Frühphase der Industrialisierung ist Kinderarbeit noch üblich, am Ende des Jahrhunderts wird der Wert höherer Ausbildung für den Start einer erfolgreichen bürgerlichen Berufskarriere erkannt. Neue Schulformen wie Realschule und Realgymnasium, die den Anforderungen der Wirtschaft entsprechen, treten in Konkurrenz zu dem humanistischen Gymnasium Humboldt’scher Prägung. Bürgerliches Leistungsdenken reicht bis weit in die Schule hinein und verstärkt den Druck auf die Schüler, die nach Idealbildern bürgerlichen Prestiges und bürgerlicher Moralvorstellungen denken lernen sollen. Wilhelm II. erklärt darüber hinaus die Schule zu einer Institution, in der sozialdemokratisches Gedankengut nichts verloren habe; sie gilt somit als eine staatstragende Keimzelle der Monarchie.
Bürgerliche Moral und bürgerliches Leistungsdenken werden zusammen mit der autoritären Gesellschaftsstruktur in den literarischen Texten, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielen, zumeist in negativer Zeichnung wiedergegeben; Beispiele dafür sind z. B. Hermann Hesses Unterm Rad, Robert Musils Törleß, Arno Holz’ und Johannes Schlafs Der erste Schultag.
Die Schule gilt dem Staat – so beschreibt es Stefan Zweig in seiner Autobiografie – als ein Instrument zur Aufrechterhaltung der Autorität.[3] In der gleichen Weise wird das Schulsystem in Heinrich Manns satirischem Roman Der Untertan, der in derselben Zeit wie Frühlings Erwachen spielt, beschrieben. Vom Romanhelden Diederich Heßling, der gerade eingeschult worden ist, wird gesagt:
„Denn Diederich war so beschaffen, dass die Zugehörigkeit zu einem unpersönlichen Ganzen, zu diesem unerbittlichen, menschenverachtenden, maschinellen Organismus, der das Gymnasium war, ihn beglückte, dass die kalte Macht, an der er selbst, wenn auch nur leidend, teilhatte, sein Stolz war. Am Geburtstag des Ordinarius bekränzte man Katheder und Tafel. Diederich umwand sogar den Rohrstock.“[4]
Einen Bestandteil der den Schülern vermittelten bürgerlichen Moralvorstellung der wilhelminischen Zeit stellt neben dem Leistungsgedanken auch die repressive Sexualethik dar, die Stefan Zweig in Die Welt von gestern in treffender Weise so beschreibt:
„Aber das ganze neunzehnte Jahrhundert war redlich in dem Wahn befangen, man könne mit rationalistischer Vernunft alle Konflikte lösen, und je mehr man das Nützliche verstecke, desto mehr temperiere man seine anarchischen Kräfte; wenn man also junge Leute durch nichts über ihr Vorhandensein aufkläre, würden sie ihre eigene Sexualität vergessen.“[5]